Geschichte

Ilka Engell

Der Ursprung

Die Deutsche Bodenkundliche Gesellschaft (DBG) wurde am 24. Februar 1926 in Berlin als Sektion der zwei Jahre zuvor in Rom gebildeten Internationalen Bodenkundlichen Gesellschaft (IBG), inzwischen IUSS, gegründet. Bis zum 2. Weltkrieg wurde sie, vor allem im Rahmen von Tagungen, wesentlich durch die Berliner Agrikulturchemiker O. Lemmermann und F. Giesecke sowie den Bodengeologen F.W. Schucht geprägt. Diese Persönlichkeiten trugen gemeinsam mit A.E. Mitscherlich (Königsberg i. Pr.), P. Ehrenberg (Breslau), E. Blanck (Göttingen) - Herausgeber des Handbuchs der Bodenkunde, dem Bodenkartierer H. Stremme (Danzig) und dem Forstbodenkundler G.A. Krauss (Tharandt, München) zum internationalen Ansehen der DBG bei. Damalige Schwerpunkte waren die Charakterisierung grundlegender Bodenmerkmale wie z.B. Textur, Erstellung der Bodenkarten von Deutschland und Europa, die Mitarbeit an der Reichsbodenschätzung, der Gefäßversuch zur Ermittlung des Nährstoffbedarfs von Kulturpflanzen sowie die Rolle der Bodenkolloide. Erwähnenswert ist auch Margarete von Wrangell (Hohenheim), die sich als erste auf einen Lehrstuhl in Deutschland berufene Frau mit der Pflanzenverfügbarkeit von Bodenphosphaten beschäftigte. Wichtigstes Publikationsorgan war die bereits 1922 gegründete Zeitschrift für Pflanzenernährung und Düngung (Verlag Chemie), die heute immer noch die Mitgliederzeitschrift als "Journal of Plant Nutrition and Soil Science" unserer Gesellschaft ist.

Die Zeit zwischen 1933 und 1945

Mit der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 diente die bodenkundliche Forschung zunehmend dem vorrangigen Zweck der Ertragssteigerung, um Deutschland ernährungswirtschaftlich autark zu machen. In diesem Zuge machte die NS-Gleichschaltungspolitik und die „Blut und Boden“ Ideologie auch vor der DBG und der Bodenkunde in Forschung und Lehre keinen Halt. So kam es zu vielfältigen (überzeugt freiwilligen, aber auch unfreiwilligen) Verstrickungen unseres Faches und ihrer Vertreter mit dem totalitären Regime. Dieses Kapitel deutscher Geschichte war nicht nur gekennzeichnet durch einen allmählichen Verlust wissenschaftlicher Freiheit, sondern auch durch menschenverachtende Verfolgung aus politischen und rassistischen Gründen. Die selbstzerstörerische Hybris des totalitären Staates mündete schließlich in einen Weltkrieg mit Ausmaß und Wirkungen, die bis dahin unvorstellbar waren. Im Zusammenhang mit der Vorbereitung des 100-Jahres-Jubiläums 2026 beschäftigt sich die DBG verstärkt mit der Aufarbeitung ihrer NS-Vergangenheit.

Die ersten Nachkriegsjahre

Nach der militärischen Niederlage 1945, die gleichzeitig eine Befreiung vom Naziregime war, wurde unter alliierter Besatzung die DBG, wie viele andere Vereine und Verbände auch, aufgelöst. Die Neugründung erfolgte erst am 7. Dezember 1949 in Wiesbaden. Die neue DBG wurde in den ersten beiden Jahrzehnten der Nachkriegszeit vor allem von ihrem langjährigen Präsidenten F. Scheffer geprägt. Das internationale Renommee wurde zunehmend wiederhergestellt, wozu auch die Unterstützung durch ausländische Kollegen maßgeblich beitrug. Zu nennen sind hier v.a. die korrespondierenden Mitglieder G. Barbier und P. Duchaufour (Frankreich), M. Gračanin (Jugoslawien), R. Tavernier (Belgien), A. van Baren (Niederlande) und später auch L. Wiklander (Schweden), R. Dudal (Belgien-FAO) und D. Yaalon (Israel).

Die immer größer werdenden Jahrestagungen, die vielen Kommissions- und Arbeitsgruppensitzungen sowie die vielfältigen Exkursionen haben für intensiven Erfahrungsaustausch und raschen Fortschritt der Wissenschaft gesorgt. Ein Höhepunkt war die Tagung der Internationalen Bodenkundlichen Gesellschaft (ISSS) 1986 in Hamburg mit K.H. Hartge (Hannover) als Tagungspräsidenten. Hinzu kamen internationale Kommissionstagungen wie 1958 in Hamburg, 1966 in Braunschweig-Völkenrode, 1971 in Stuttgart-Hohenheim und 1981 in Berlin. Zuletzt fand eine IUSS-Divisionstagung 2013 in Ulm statt.

In dieser ersten Zeit nach dem Krieg standen zunächst die Fragen der Bodenentwicklung und -verbreitung sowie Nutzungseignung im Vordergrund des Interesses. Später dominierten bodenökologische, biologische und Fruchtbarkeitsfragen. Seit den 1980er Jahren haben kontinuierlich die Aspekte des Bodenschutzes an Bedeutung gewonnen. Dies äußerte sich schließlich in der Ausgründung des Bundesverbandes Boden, welcher der DBG bis heute partnerschaftlich verbunden ist. Die Mitgliederzahlen stiegen rasch von ca. 150 im Jahre 1950 über 800 im Jahre 1975 bis ca. 2.200 im Jahre 2023, wobei ein hoher Anteil junger Mitglieder ein besonderes Merkmal der DBG war und ist.

Die Trennung zwischen West und Ost und glückliche Wiedervereinigung

Zwischen 1967 und 1990 existierte in der DDR eine eigenständige bodenkundliche Gesellschaft (BG), deren Gründung am 21. Dezember 1967 als Trennung von der westdeutschen DBG seitens des Regimes stark beeinflusst wurde. Unter schwierigen politischen Realitäten wurde die BG für ihre Mitglieder trotzdem zu einer gut funktionierenden Heimat. Die DBG-Mitgliedschaft der ostdeutschen Mitglieder wurde jedoch nicht gelöscht, sondern als „ruhend“ weitergeführt. Trotz erheblicher Reisebeschränkung und Devisenmangel wurde ein gewisses Maß an Kontakten und Kommunikation aufrechterhalten. Nach Selbstauflösung der BG 1990 reaktivierten viele ihre ruhenden DBG-Mitgliedschaften. Das besondere Wissen und die Kenntnisse der Kollegen aus der bisherigen DDR, insbesondere die guten Kontakte zu Bodenwissenschaftlern aus den früheren Ostblockländern waren sehr wertvoll und begünstigten den Aufbau bzw. die Intensivierung der Zusammenarbeit mit den östlichen Nachbarn, z.B. in Tschechien, Ungarn und Polen. Für ihre Verdienste um diese grenzüberschreitende Zusammenarbeit wurden J. Němeček, Prag und A. Kowalkowski, Kielce 1991 zu korrespondierenden Mitgliedern der DBG ernannt.

Unsere internationalen Beziehungen und Vernetzungen

Es bestehen vielfältige und enge Kooperationen mit anderen bodenwissenschaftlich tätigen Einrichtungen des In- und Auslandes. Das Ansehen der deutschen Bodenkunde wurde u.a. durch die Mitarbeit deutscher Wissenschaftler als Kommissionsvorsitzende der IUSS durch W. Flaig, U. Schwertmann, K. H. Hartge, E. Schlichting, J. C. G. Ottow, H.-P. Blume, R. Horn, K. Stahr und W. Burghardt gefördert und mit den IUSS-Ehrenmitgliedschaften von W. Kubiena (Hamburg), F. Scheffer (Göttingen), W. Flaig (Braunschweig-Völkenrode), E. Mückenhausen (Bonn), P. Schachtschabel (Hannover), K.H. Hartge (Hannover), W. E. H. Blum (Wien), K. Stahr (Hohenheim), M. H. Gerzabek (Wien) und R. Horn (Kiel) dokumentiert. Im Zeitraum 2014 - 2016 stand R. Horn der IUSS als Präsident vor. Im Zeitraum 1990 - 2002 fungierte W. E. H. Blum (Wien) als Generalsekretär der International Society of Soil Science (ISSS) bzw. seit 1998 der IUSS. Besondere Bedeutung hatte der Vorsitz von P. Schad (Weihenstephan) in der WRB-Arbeitsgruppe im Zeitraum 2010 – 2022

Aktuelle Entwicklungen

Die bodenwissenschaftliche Forschung der jüngeren Zeit ist durch verstärkte Bedeutung von Forschungsverbünden auf nationaler und internationaler Ebene sowie einen enormen methodischen Fortschritt gekennzeichnet. Vielfach stehen inter- und transdisziplinäre Fragen, z.B. zur Nachhaltigkeit der Landnutzung oder des Ressourcen- und Klimaschutzes, im Vordergrund. Dies ist mit großen und komplexen Datenmengen sowie Modellierung auf sehr unterschiedlichen räumlichen und zeitlichen Skalen verbunden. Besondere Öffentlichkeitswirksamkeit hat die seit 2005 erfolgreich laufende Aktion „Boden des Jahres“ im Dialog mit Politik und Öffentlichkeit erlangt. Die Aktion unterstützt auch das breite Angebot der DBG in der Umweltkommunikation, zu dem auch Literatur und Kunst zählen.

Neben den regelmäßigen kleineren Treffen der Kommissionen und Arbeitsgruppen – zunehmend mit Einrichtungen benachbarter Disziplinen – werden die großen Jahrestagungen im zweijährigen Turnus an verschiedenen Orten Deutschlands veranstaltet. Auch das österreichische Wien beherbergte schon zweimal die DBG. In Zusammenarbeit mit der Österreichischen Bodenkundlichen Gesellschaft (ÖBG) wurden die Tagungen 1961 und 2011 dort durchgeführt. Die DBG-Tagung 2019 wurde zusammen mit der Bodenkundlichen Gesellschaft der Schweiz (BGS-SSP) in Bern veranstaltet. Etwa 10 % unserer Mitglieder arbeiten im Ausland oder sind dort beheimatet. In den letzten Jahren haben die Young Professionals in Soil Science (YPSS) vielfältige Aktivitäten in der DBG entfaltet.

Gegenwart und Zukunft

Die DBG, die 2026 ihr 100-jährigen Bestehen feiert, ist mit ihren aktuell rund 2.200 Mitgliedern eine überaus aktive, national wie international gut vernetzte Fachgesellschaft. Die Bodenwissenschaften zeichnen sich durch besondere Forschungsstärke aus, was sich in der DFG-Förderung und Publikationsleistung widerspiegelt. Auch in Öffentlichkeit und Politik sind wir, u.a. dank strategischer Partnerschaften wie mit dem Bundesverband Boden (BVB) e.V., präsent und stellen uns in einem vielfältigen Dialog den aktuellen Herausforderungen.

Weitere Einzelheiten zur Historie der DBG:

Blume, H.P. (2001): 1926 – 2001: 75 Jahre Deutsche Bodenkundliche Gesellschaft. – DBG-Mitteilungen 97, 382 S.

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